Sportlich. Kompetent. Lebensretter.

„…richtig schade…. kein Flugwetter für den Helikopter….“
So lautete die erste Einsatzmeldung bei dem diesjährigen MedSim Training für medizinische Einsatzkräfte (Notärzte und Notfallsanitäter) im ZSA (Zentrum für Sicherheit und Ausbildung) in Bad Tölz der bayrischen Bergwacht, bei dem auch wieder ein Team der Bergwacht Schwäbisch Gmünd teilnehmen konnte.

Unser Zweierteam wurde durch 2 Kameraden der Bergwacht „Zittauer Berge“ komplettiert. Hier ist ein Trainingsbetrieb unter widrigsten Umständen in verschiedenen Gegebenheiten simulierbar, so dass auch für uns ein gewisser Handlungsgrundstock gelegt wird, für die heimische Ostalb eher unwahrscheinliche und selten auftretende Szenarien. Dennoch kann aus diesen extremen Szenarien Wissen und Können für die Einsätze der Bergwacht Schwäbisch Gmünd abgeleitet werden.

Im ersten Fallbeispiel galt Lawinenwarnstufe 3, es war bereits Nacht, neblig, leichter Schneefall und ein Anmarsch von ca. 60 Minuten eingeplant, weil durch die Wettersituation keine Rettung per Hubschrauber möglich war. Die Einsatzmeldung lautete zwei Lawinenverschütte neben einer leicht verletzten Meldeperson, einer sich im Training befindlichen Skimannschaft. Erfreulicherweise wurden anfangs nur 5 Minuten Anmarsch mit dem Akja und diversen medizinischen Rettungsgeräten simuliert, dann ging es gleich in den Lawinenkegel, sprich hier in die vorhandene Kältekammer bei Minus 20 Grad und einer Windstärke von 15km/h - ganz schön frisch - in absoluter Dunkelheit.
Der Unfallmelder war erfreulicherweise nur leicht verletzt und konnte gut und schnell versorgt werden, während die anderen nach den beiden Verschütteten suchen konnten. Selbst das Anlegen einer gold/silbernen Rettungsdecke ist unter solchen Gegebenheiten schwierig. Der erste aufgefundene Verschüttete (eine Simulationspuppe) zeigte eine freie Atemhöhle aber keine Atmung mehr, die gemessene Körperkerntemperatur betrug 29°C. Hier wurde umgehend eine Reanimation unter oben beschriebenen Verhältnissen (bei der Kälte keine Medikamentengabe möglich) durchgeführt. Gleichzeitig war das vierte Teammitglied noch immer auf der Suche nach der zweiten verschütteten Person. In der Zwischenzeit waren bereits 1:20 Stunde vergangen bis der zweite Verschüttete ohne Atemhöhle (mit Schnee im gesamten Mundraum) und ohne Atmung aufgefunden wurde. Nicht nur aufgrund der begrenzten Möglichkeiten wurde dann im Team die schwierige Entscheidung getroffen, dass hier keine weiteren medizinischen Maßnahmen Sinn machen und er zurückgelassen werden muss. Am Ende des Szenarios erfolgte dann ein bodengestützter, intermittierender, alle 5 Minuten von Reanimationszyklen unterbrochener, körperlich sehr anstrengender, Abtransport.

© Bilder: Wolfgang Winker, Bergwacht Schwäbisch Gmünd

Das nächste Szenario war ein schwerverletztes Kleinkind, das auf der Alm vom Radlader des Opas beim Rückwärtsfahren erfasst wurde. Dabei erlitt es vor allem in der Bauchregion ein Überrolltrauma. Um das gefährliche, stumpfe Bauchtrauma schmerztechnisch und infusionstechnisch versorgen zu können, war ein intraossärer Zugang in den Unterschenkelknochen notwendig. Auch hier mussten weiter diverse medizinische Versorgungen an der Übungskinderpuppe durchgeführt werden. Dabei wurde das Kind hier vor Auskühlung (ggf. auch zum Schutz vor Schaulustigen) durch ein Wurfzelt geschützt und dann mittels Bergesack und Hubschrauber in den, auch im ZSA vorhandenen, Schockraum verbracht, in dem die Übergabe an das weiterbehandelnde Klinikpersonal geübt werden kann. Bei diesem und den folgenden Szenarien war ein Abtransport mittels Hubschrauber möglich.

Im dritten Fallbeispiel kam es in einer Gondel wegen einer technischen Betriebsstörung (Stillstand der Kabinenbahn) bei einer 50-jährigen aufgrund einer Panikattacke zu einem Herzinfarkt. Da der technische Mangel nicht in den nächsten 20 Minuten behoben werden konnte, wurde entschieden eine risikoreiche und für den Piloten und Windenbediener schwierige Rettung mittels Hubschrauber und einer Seilwinde durchzuführen, in der einer der beiden Gmünder Bergretter vom Heli auf der Gondel abgesetzt wurde. Dieser musste dann die Gondeltüren entblocken, sich zu den Gondeltüren abseilen, dort dann die Erstversorgung mit Anamnese und Grundversorgung durchführen und die Patientin für den Abtransport vorbereiten. Der zweite Retter wurde vor die Gondeltüre am Seil „gewinscht“ und nahm dann dort am langen Seil die Patientin mittels „schneller Rettungswindel“ auf. Dann ging es am langen Seil zu Boden, wo die standardmäßige medizinische Versorgung durchgeführt werden konnte.

Unser letztes Übungsszenario war ein abgestürzter, noch in der Wand hängender, bewusstloser, polytraumatisierter Kletterer. Ein Flugretter wurde zu dem Solokletterer geflogen, um diesen dann mittels einer Kapprettung (Spezialverfahren) aus der Wand zu retten. Zuvor wurden die anderen drei Einsatzkräfte des Teams vom Hubschrauber an einem Landeplatz abgelassen. Von dort mussten sie „seilversichert“ ein „Geländerseil“ zu einem Versorgungspunkt einrichten. Am Versorgungspunkt angekommen konnten sie die medizinische Versorgung des Polytraumatiserten (eine oder mehrere Verletzungen sind lebensbedrohlich) inklusive Beatmung, Beckenschlinge und Wundversorgung als Erstversorgung durchführen. Dabei waren sie durch das „Geländerseil“ zu jeder Zeit selbst gesichert.

Körperlich wie mental „geschafft“, aber um viele positive Rückmeldungen, wie auch viele mögliche Verbesserungsvorschläge reicher, traten wir die Rückfahrt an. Besonders profitiert haben wir durch den Erfahrungsschatz der Ausbilder, den sie an uns weitergegeben haben.

Wir waren eine der letzten Übungsgruppen, die noch mit der alten BK-117 Helikopterzelle in der Halle üben durften. In Zukunft kommt eine, wie zuletzt auf dem Hornberg bei der Übung zu sehende H145 Kabine (wie sie meist beim ADAC, der SAR Maschine der Bundeswehr und bei der DRF geflogen werden) zum Einsatz. Damit kann das Übungsszenario an die neuen Gegebenheiten in der Luftrettung angepasst werden.

Am Schluss noch ein großes Dankeswort an die Übungsteams, bei denen die Notfallsanitäter durch Ihre hervorragende Ausbildung und dauerhafte Routine wirklich aufs äußerte überzeugten. Perfekt zu wissen, dass wir meist jemanden mit einer so guten Ausbildung als erste(n) vor Ort haben. Dank auch an den Bergwacht Landesverband und die ehrenamtlichen Ausbilder der Bergwacht Württemberg, der diese Ausbildung in Kooperation mit der Bergwacht Bayern ermöglicht. Schön war es auch wieder an der Winde (einem elementaren Ausbildungsziel) einen erfahrenen Soldaten des SAR-Stützpunkts in Niederstetten zu haben. Mit den Soldaten des SAR-Dienstes durften wir ja bereits mehrere gelungene Ausbildungstage durchführen. Es war gut einen so kompetenten Profi als Verantwortlichen an der Winde zu wissen. Ein letzter besonderer Dank geht hiermit an die Bundeswehr und das vom bayrischen Innenministerium besonders geförderten ZSA (Zentrum für Sicherheit und Ausbildung) der Bergwacht Bayern. Das ZSA erlaubt es „gefahrlos“ (oder mit minimalem Risiko), solche hoffentlich möglichst selten auftretende Maximal-Szenarien zu üben und dennoch optimal darauf vorbereitet zu sein.

© Text: Wolfgang Winker, Bergwacht Schwäbisch Gmünd